Wie Dresden-Secrets die Krise für neue Geschäftsmodelle nutzt
Einige Anbieter haben während des Lockdowns die Zeit kreativ genutzt: ihre Live Escape Räume überarbeitet, neue Spiele entwickelt oder die alten Räume aufgehübscht. Aus der Krise gestärkt starten, dabei ein neues Geschäftsmodell entwickeln und neue Kunden gewinnen – das hat Dresden Escape erfolgreich gemacht. Wie, das erfahrt ihr im folgenden Interview mit Thorben Steenmanns auf exit-game.info, dem Fachblog für Live Escape Rooms.
Welche Online Escape Games habt ihr selbst entwickelt, wie lange hat die Entwicklung gedauert?
„Die beiden Online Escape Games „Ausgangssperre“ und „Diamantenfieber“ haben wir in Kooperation mit Simon Kösters, dem Spieldesigner der OEGD GmbH & Co. KG entwickelt. Ausgangssperre befindet sich seit Anfang April auf dem Markt. Diamantenfieber ist das zweite Spiel und ist im Mai in den Verkauf gegangen. Das die Spiele sehr zügig auf dem Markt erschienen sind, ist dem unbedingten Umsetzungswillen unseres Geschäftsführers Markus Bracklow zu verdanken. Markus hat hier ein Potential gesehen und somit das schnelle Handeln und Implementieren des Produktes vorangetrieben. Pro Spiel kann man mit einer Entwicklungszeit von ca. 150-200 Entwicklerstunden rechnen, allerdings ist die Entwicklung auch ein kontinuierlicher Prozess, der sich auch nach dem Release-Datum eines Spiels fortsetzt. Natürlich sind wir drauf und dran neue Spiele auf den Markt zu bringen.“
Was haben eure Online Escape Games mit den Live Escape Games gemeinsam?
„Was alle Escape Games verbindet, ist der Aspekt der Immersion: alle Spieler sollen ein Abenteuer, ein Erlebnis erfahren. Soweit es geht, wollen wir das auch in den Online-Escape Games erlebbar machen. Die Spieler begeben sich z.B. in die Rolle eines Detektivs, müssen Rätsel lösen, Informationen zusammentragen und vor allem im Team zusammenarbeiten. Es gibt verschiedene Handlungsstränge, daher müssen die Spieler kommunizieren und zusammenarbeiten. Wir empfehlen unsere Online Escape Games für 3-6 Spieler. Wir haben sie extrem realitätsnah gestaltet, alle Rätsel sind in die Story eingebettet. Wir wollen mit Qualität überzeugen.“
Eine Idee, aus der Not geboren, wie hat euch euer erstes Online Exit Game in der Corona-Krise unterstützt – als Unternehmen?
„Als wir Mitte März mit der Corona-Krise konfrontiert wurden war klar, es muss eine Lösung für unser kleines Escape-Unternehmen geschaffen werden. Die Köpfe hängen zu lassen war keine Option, dafür birgt das Escape-Game-Konzept zu viele verschiedene Anwendungsmöglichkeiten. Wir sind lösungsorientiert und unternehmerisch an die Sache heran gegangen und haben die Online Spiele entwickelt. Rein umsatztechnisch hat uns unser neues Produkt etwas durch die Krise geholfen, aber der psychische Faktor in unserem Unternehmen war wichtiger: Wir hatten es geschafft ein „Corona-kompatibles“ Produkt auf den Markt zu bringen, das Familien und Freunde während der Ausgangsbeschränkungen zusammen gebracht hat. Das Gefühl, das sich dann breit macht, ist natürlich positiv und macht Mut, auch den Rest der Krise zu meistern. Wir konnten kreativ arbeiten, obwohl unser Kerngeschäft, Outdoor Escape Games und Escape Rooms, quasi auf 0 runter gefahren werden musste und das war wichtig für uns.“
Welche Fähigkeiten musstet ihr im Team ausbauen oder erwerben, um statt Live Escape Games nun Online Escape Games zu kreieren? Wo liegen die größten Unterschiede zu euren „realen“ Räumen?
„Zunächst einmal braucht es kreative Köpfe, ähnlich wie bei der Entwicklung von Live Escape Games, die ein immersives Spiel mit spannenden Rätseln und einer besonderen Story entwickeln können. Da braucht es zusätzliche Kompetenzen, wie z.B. IT und Programmierfähigkeiten, neben den grundsätzlichen Game-Design-Skills. Diese beiden Elemente müssen in der Entwicklung eines Online Escape Games kombiniert werden, das ist ein großer Unterschied zu den herkömmlichen Escape Rooms. Da wir unser Produkt seit Mai auch als digitales Teamevent an Businesskunden verkaufen, braucht es, ähnlich wie in Live Escape Räumen, Game Master, die die Kunden während des Spiels betreuen und unterstützen. Hier müssen natürlich neue Kompetenzen aufgebaut werden, da wir die Online Events über Kommunikationsplattformen, wie z.B. Zoom, durchführen und das Handling einer solchen Plattform auch erstmal gelernt sein muss. Auch bringt ein Online Escape Room weniger geschäftliches Risiko mit sich. Es braucht keine Location, die aufwendig umgestaltet und unterhalten werden muss.“
Auf die Idee, ihr Portfolio mit Online-Angeboten zu erweitern, sind viele deutsche Escape Game-Betreiber gekommen, was unterscheidet euer Online-Game von den anderen am Markt? Wieso habt ihr den Preis pro Spiel von 15,- auf 20,- Euro angehoben?
„Bei der Entwicklung unserer Spiels wollten wir ganz bewusst versuchen uns von den Angeboten, die bereits existierten, abzusetzen. Ziel der Entwicklung war es ein Spiel zu kreieren, dass eine möglichst immersive und realitätsnahe Story enthält. Gleichzeitig wollten wir ein Teamerlebnis schaffen, dass die aktive Teilnahme jedes Mitspielers erfordert und eine echte Herausforderung für die gesamte Teilnehmertruppe wird. „Ausgangssperre“ und Diamantenfieber“ sind keine Point & Click – Spiele, sondern echte Kriminalstorys mit multimedialen und multilinearen Handlungssträngen, bei denen die Teilnehmer die Rolle von Detektiven annehmen müssen, um den Täter eines mysteriösen Kriminalfalls zu finden.
Die eingebauten kniffligen Rätsel sind nicht willkürlich aus der Luft gegriffen, sondern passen übergangslos in der Story des Spiels und ermöglichen es so den Teilnehmern für 90 bis 120 Minuten (es läuft kein Countdown!) in eine andere Welt einzutauchen. Da wir, so wie andere Mitbewerber auch, zunächst einmal Erfahrung in diesem neuen Markt sammeln wollten, haben wir zum Start das Spiel mit 15€ pro Spielgruppe bepreist. Die Erfahrungswerte nach einigen Wochen haben allerdings gezeigt, dass 20€ pro Spielgruppe durchaus ein faires Preis-Leistungsverhältnis darstellen. Durchschnittlich spielen 4-5 Spieler pro Gruppe unsere Online Escape Games, sodass die Teilnehmer ca. 4,50€ p.P. für ein zweistündiges Erlebnis bezahlen. Unsere Kunden haben uns dies als gerechten und angemessenen Preis reflektiert.“
Das Online-Game ist günstiger, als ein realer Escape Room, kannibalisiert ihr damit euer Angebot vor Ort nicht selbst? Oder konntet ihr eine neue Zielgruppe erschließen?
„Wir sind der Meinung, dass Online Escape Games nicht an Stelle von Live Escape Rooms existieren sollten, sondern ergänzend zu diesem Angebot. Es ist einfach ein anderes Erlebnis, wenn man via digitaler Kommunikation mit seinen Freunden oder Arbeitskollegen ein browser-basiertes Online Escape Game spielt. Wir wollen unseren Kunden fortan ein möglichst vielseitiges Angebot zur Verfügung stellen, dass ab April diesen Jahres neben Outdoor Escape Games und Escape Rooms eben auch Online Escape Games aufführt. Ein Risiko des „Kannibalismus“ sehen wir hier überhaupt nicht, weil Online Escape Rooms das Erlebnis in einem realen Escape Room kaum ersetzen können – im Gegenteil: Wir können jetzt noch besser auf unsere Kundenwünsche eingehen und ihnen eine größere Auswahl an Escape-Erlebnissen für die verschiedensten Anlässe zur Verfügung stellen. Damit ist es uns möglich neue Zielgruppen sowohl im Privatkundenbereich, als auch im Businesskundenbereich zu erschließen und mit unseren Escape-Abenteuern zu erfreuen.“
Was ist euer Fazit nach den ersten Monaten mit diesem neuen online-basierten Geschäftsmodell?
„Wir sehen, dass da Potenzial auch für die Zukunft besteht. Das ist eine coole Sache und wir lernen unheimlich viel dazu. Das Online-Geschäft, ganz neue Bereiche, man lernt neue Dinge – vermehrte Kommunikation auf Social Media zum Beispiel. Es hat uns sehr viel gebracht. Wir als Dresden Secrets versuchen, ein vielseitiges Erlebnis und Konzepte anzubieten. Outdoor-Escape Games sind unser Schwerpunkt, wir wollen Escape Games „auf die Straßen bringen“. Die zwischenmenschlichen Beziehungen und der Spaß mit den Menschen haben uns im Corona-Lockdown schon sehr gefehlt. Dazu hat Dresen Secrets noch einen Pop-up Escape Room „Das System“, direkt an der Frauenkirche, in dem man die Gesellschaft wieder ins Gleichgewicht bringen muss. Dieser Pop-up Escape Room setzt sich von den anderen Escape Games ab, die man so kennt.“
- Seit September 2017 mit Schwerpunkt Outdoor Escape Games / City Rallye
- Seit Oktober 2019 Pop-up Escape Game „Das System“
- Seit Anfang April 2020 Online Escape Games
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*Bilder von dem genannten Escape Game-Anbieter Dresden-Escape.