Real Escape Game als Massenveranstaltung
Mehrere hundert Teilnehmer rennen über den großen, grünen Stadionrasen und durch die Tribünengänge. Sie zeigen streng blickenden Türstehern ihre Lösungen und ernten entweder ein schlichten Kopfschütteln oder dürfen eintreten, um einen weiteren Hinweis zu ergattern. Sie sitzen auf den Gängen, auf dem Rasen, dick eingemummelt in Winterjacken und grübeln.
Ein riesengroßes Live Escape Game mit 1.600 Besuchern am ersten Wochenende hat der Real Escape Game-Produzent SCRAP aus Japan organisiert. Durch sechs Großstädte tourte das Live Event 2014: Yokohama, Osaka, Nagoya, Sendai, Fukuoka und Tokyo. Thema ist die Manga-Serie „Attack on Titan“.
Im Mai letzten Jahres fand das Live Escape Game im Yokohama Stadion statt. Die Teams spielten nicht nacheinander, sondern gemeinsam. Bekannte Synchronsprecher der Serie waren vor Ort. Die Story: Während einer Live-Übertragung aus den Niconico-Studios bricht ein echter Titan in das Produktionsstudio ein und schluckt jeden, den er kriegen kann. Die Teilnehmer haben nun eine Stunde Zeit, um aus dem Inneren der Kreatur herauszufinden, bevor sie verdaut werden. Dazu müssen sie Rätsel lösen, Gegenstände sammeln und Hinweise finden. Nur 10% der 1.600 Spieler in Yokohama schafften es, innerhalb der 60 Minuten alle Rätsel korrekt zu lösen und aus dem Schlund des Titan zu entkommen.
Massenveranstaltung „Attack on Titan“ auch in den USA
SCRAP veranstaltet bereits ähnliche Formate in den USA. In Los Angeles hat im April 2015 das Real Escape Game „Escape from the Walled City“ stattgefunden. Die Story: Die Menschheit lebt in einer von Wänden geschützten Stadt, nur diese trennt sie von den menschenfressenden Titanen. Doch nun sind diese eingebrochen und die Spieler müssen die Stadt um jeden Preis verlassen – in einer Stunde schließen die Stadttore. Im East Los Angeles College Stadion haben sich ebenfalls mehrere hundert Menschen eingefunden: Cosplayer in Verkleidungen, Geburtstagskinder und Fans der Manga-Serie. Die Stimmung ist gelöst, einige Spieler schaffen es tatsächlich, alle Rätsel zu lösen und aus der „Walled City“ zu entkommen.
Doch was ist mit der persönlichen Distanzzone bei diesen Events?
In der U-Bahn sind noch 5 Plätze nebeneinander frei. 2 Personen steigen ein und setzen sich hin. Mit 90%iger Wahrscheinlichkeit haben sich die beiden Personen in Nordeuropa so hingesetzt, dass noch mindestens ein Platz zwischen ihnen frei ist. Überall sind Weihnachtsmärkte offen, der Glühwein schmeckt, die Bratwurst auch – nur die vielen Menschen! Wer kennt es nicht, das Gestöhne über das Gedränge auf den schmalen Wegen.
Schuld ist die sogenannte „Distanzzone“. Die gesellschaftliche Distanzzone beträgt in unseren Breitengraden zwischen 1-2 Metern, wenn wir die anderen Personen nicht kennen, die persönliche Distanzzone ist noch geringer. Wenn uns unbekannte Leute diese Zone überschreiten, empfinden wir das als unangenehm: „Warum rückt der mir so auf die Pelle?“ Die persönliche Abstandszone verringert sich, je weiter wir nach Süden reisen.
Bei diesen Massen-Events wird die persönliche Distanzzone sicherlich mehrfach überschritten. Ob ein solches Real Escape Game mit tausenden von Spielern in Nordeuropa Erfolg hätte? Was meint ihr? Oder wart ihr sogar schon bei einem SCRAP-Event dabei?